Tineola Bisselliella (Kleidermotte)
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Tineola Bisselliella (Kleidermotte)

Versuchsaufbau (Durchführung Insect Services, Berlin):
Dreißig Kleidermotten-Larven unterschiedlicher Entwicklungsstadien bzw. 30 adulte Kleidermotten werden in je eine Box auf ein plissiertes Stück Seidenstoff und in eine weitere Box auf ein nicht plissiertes Stück Seidenstoff gesetzt (= vier Boxen insgesamt). Die so präparierten Boxen (Maße 17 x 13 x 6 cm) werden mit Klarsichtdeckeln verschlossen (ein seitliches Gazefenster erlaubt einen Luftaustausch) und bei Standard-Zuchtbedingungen für Kleidermotten (24 °C Raumtemperatur, 60 % relative Luftfeuchte) in Dunkelheit gelagert.
Die Aktivität der Motten wird bis zu acht Wochen fotografisch und filmisch dokumentiert. 

 

Forschungsinteresse: 
Das Experiment gründet auf den Untersuchungen Heidi Helmholds zur „Architektur des Textilen“ (siehe Publikationen „Affektpolitik und Raum“).
Die Steigerung der Oberfläche durch Falten wird wirkmächtig und demonstrativ eingesetzt (siehe Blog „Potenz(ierung)“). Dies unterlaufen die Kleidermotten allein aufgrund ihres Grundbedürfnisses — kollektiv fressend dekonstruieren sie die machtvolle Inszenierung, die sich in der plissierten Seide materialisiert. 
Mit der Suche nach dem bevorzugten Aufenthaltsort der Motten auf plissierter und nicht-plissierter Seide wird befragt, inwieweit die textile Steigerung einer Falte auch Schutzraum bieten kann. Eine der bedeutendsten Verbindungen zwischen dem Textilen und dem menschlichen (Haut-)Körper ist die Falte. Sie kann (stofflicher) Hinweis auf Körper sein und gleichzeitig (menschliches) Potential zur Bewegung, zur Flexibilität. Fressspuren und Abraum zeugen weiter von dem deutlichen Konnex zwischen Körper und Material, mit denen sich zudem die Versuchszeit (hier Lebenszeit) im Material manifestiert. Es lassen sich Bezüge zu den von Heidi Helmhold analysierten Materialeigenschaften herausstellen: Textiles memoriert, ist körperaffin und ephemer. 
Von weiterem Interesse sind Transsubstantionsprozesse, Formen der Inkorporation von Raumkonstitutionen und zirkuläre Prozesse von Anfertigung (Seidenspinner/Maulbeerspinner) und Auflösung (Kleidermotte). Außerdem werden parasitäre Strategien untersucht, die die Schwelle betonen und die textile Oberfläche analog zur Haut gestalten.
Das Projekt findet in Zusammenarbeit mit Thomas Neumann statt.